Einleitung
Die Hypertonie – also der Bluthochdruck – stellt eine der größten Herausforderungen für die Innere Medizin dar. Erhöhter Blutdruck wird oft von den Patienten gar nicht als Krankheit wahrgenommen, bedeutet aber eine erhebliches Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko. Auch Nierenschäden, Sehstörungen und vorzeitige Demenz können die Folge sein. Die Hypertonie ist mit über einer Billion Betroffener die weltweit häufigste Erkrankung.In Deutschland ist etwa die Hälfte der erwachsenenBevölkerung betroffen. Davon gilt lediglich etwa einViertel als erfolgreich behandelt. Der überwältigende Anteil der Bluthochdruckpatientenleidet an einer „essentiellen Hypertonie“, also aneinem Bluthochdruck ohne fassbare organische Ursachen. Neben genetischen Faktoren kommen hier im Wesentlichen Lebensstilfaktoren zum Tragen, die ein jeder selbst verantwortet: Bewegungsmangel, ungesunde Ernährungsweise mit Übergewicht/Adipositasund chronischer Disstress. Nicht medikamentöseBehandlungsstrategien, die auf eine Veränderung desLebensstils zielen, gewinnen daher immer mehr an Bedeutung. Diese Erkenntnis ist auch in der evidenzbasierten, also durch wissenschaftliche Studien abgesicherten Schulmedizin angekommen. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat ihre Hypertonie Leitlinien 2013 aktualisiert und fordert ein künftig konsequenteres Vorgehen in der Prävention und Nutzung der nicht medikamentösen Maßnahmen.
Die Wirksamkeit ist hier am besten für regelmäßigen Ausdauersport belegt. 30 bis 60 Minuten lockerer aerober Ausdauersport wie Laufen, Walken, Radfahren, Schwimmen, Rudern senken zuverlässig den Blutdruck und halbiert das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt. Für die Änderung der Ernährungsweise gilt die Faustregel: jeder Abbau eines Kilogramms Übergewicht reduziert den Bluthochdruck um etwa 1 mmHg. Es gibt auch eine zunehmend bessere Studienlage für die Wirksamkeit von Entspannungsverfahren als Teil erfolgreichen Stressmanagements und einer daraus resultierenden Blutdrucksenkung. Bei Hypertonie- Patienten ist insbesondere die Blutdruck senkende Wirkung der Progressiven Muskelrelaxation (PMR)durch wissenschaftliche Studien gut abgesichert. DieKrankenkassen übernehmen in der Regel die Kostenfür PMR-Kurse oder bieten sie sogar selbst für ihreVersicherten an. Vielen Klangmassagepraktikern ist die blutdrucksenkende Wirkung der Peter Hess-Klangmassageaus ihrer Erfahrung mit den Klienten wohl bekannt. Jedoch wurde die Wirksamkeit bislang nicht in einerStudie untersucht.
Methodik
Im Rahmen einer Masterarbeit des Studiengangs „Komplementärmedizin – Kulturwissenschaften“ der Europa Universität Viadrina in Frankfurt/Oder wurde in dem„Herzinstitut Berlin“ (www.herzinstitut-herzpraxis.de)von Januar bis September 2013 eine Pilotstudie an 10Hypertonie Patienten durchgeführt, die neben ihrerleitliniengerechten schulmedizinischen Behandlungentweder 6 PMR- Sitzungen (PR-Gruppe) oder 6 PeterHess-Basis-Klangmassagen (Klanggruppe) jeweilsin wöchentlichem Abstand erhielten. Am Ende einer jeden Sitzung erhielten die Probanden zusätzlich Anleitungen zu täglichen Eigenübungen. Bestand eine Blutdruck senkende Medikation, durfte diese während der Studiendauer nicht verändert werden.
Das Blutdruckverhalten wurde vor und nach der 6-wöchigen Behandlungsphase mittels ambulanten 24-Stunden-Langzeitblutdruckmessungen untersucht. Zusätzlich wurde das Stress- und Entspannungsverhalten mit einer 24 Stundenmessung der Herzratenvariabilität erfasst und die individuelle Stressverarbeitung mit dem Fragebogen SVF 120 nach Janke und Erdmann abgefragt. Diesen standardisierten Stressverarbeitungstest hatten bereits 2010 Tanja Grotz und Christina Koller in ihrer Stress-Studie - Forschungsbericht an 201 Probanden eingesetzt und hier positive Effekte der Peter Hess-Basis-Klangmassage nachgewiesen.
Der 6-wöchigen Behandlungsphase war eine jeweils 6-wöchige Placebophase vor- und Nachbeobachtungsphase nachgeschaltet, vor-/ bzw. nach der ebenfalls das Messprogramm durchführt wurde.
Ergebnisse
Am Ende der Placebophase war bei den 10 Proban den der systolische Blutdruck im Durchschnitt um 3,9 mmHg (von 128,4 auf 133,5 mmHg) angestiegen. Nach der Behandlungsphase reagierten 4 Patienten in der PR-Gruppe mit einem Anstieg des systolischen Blutdrucks. Der Anstieg betrug im Gruppendurchschnitt +5,2 mmHg.
In der Klanggruppe kam es bei 2 Probanden zu einer Absenkung des systolischen Blutdrucks, ein Proband blieb gleich, 2 Probanden stiegen geringfügig an. Es resultierte ein gemittelter Abfall von -3,8 mmHg. Auffällig waren die Ergebnisse am Ende der Nachbeobachtung: Jetzt war auch in der PR-Gruppe ein Abfall des systolischen Blutdrucks zu verzeichnenund zwar um 10,2 mmHg und in der Klanggruppe einweiterer Abfall um 6,2 mmhg. Der blutdrucksenkende Effekt ist bei der Klanggruppeum 103,8% ausgeprägter. In der Bilanz hatte also zwischen dem Beginn derBehandlungsphase und Ende der Nachbeobachtungsphase in der PR-Gruppe ein durchschnittlicher Abfalldes systolischen Blutdrucks um -4,8 mmhg und in derKlanggruppe um -10 mmhg stattgefunden. Der Blutdruck senkende Effekt war damit in der Klanggruppemehr als doppelt so stark ausgeprägt. Diese Überlegenheit war laut Analysen der Langzeitmessungenzur Herzratenvariabilität zumindest tendenziell voneinem günstigeren Entspannungsvermögen begleitet.Die Auswertung der Stressverarbeitungsbögen zeigtefür beide Gruppen eine im Wesentlichen gleich ausgeprägte Verbesserung der Stressverarbeitung. Hierwaren die Effekte jedoch gering.
Diskussion und Ausblicke
Während der Studie galt die oberste Prämisse, keinem Probanden eine Evidenz- und Leitlinien basierte „schulmedizinische“ Hochdruckbehandlung vorzuenthalten. So fanden ausschließlich Patienten mit einer Hypertonie Grad I und niedrigem kardiovaskulären Gesamtrisiko oder aber bereits medikamentös eingestelltem Hochdruck Eingang in die Studie. Die Medikation durfte während der Studiendauer nicht verändert werden. Entsprechend niedrig waren mit 133,6/80,6 mmHg in der Klanggruppe und 131/80,6 mmHg in der PR-Gruppe die durchschnittlichen Eingangswerte nach der Placebophase vor Intervention. Vor diesem Hintergrund verdient die in der Klanggruppe erzielte Senkung von 10 mmHg eine ganz besondere Beachtung. Auffälliger Weise war die Blutdrucksenkung am Ende der Nachbeobachtungsphase ausgeprägter als direkt nach der Intervention. In der PR-Gruppe lag der durchschnittliche Blutdruck am Interventionsende sogar höher als vor Behandlungsbeginn. Dieses Phänomen war bereits in der Stress-Klangstudie von Tanja Grotz und Christina Koller auffällig gewesen.
Die vorliegende Studie ist eine sogenannte Pilotstudie. Die Probandenzahl ist klein, statistisch signifikante Aussagen sind nicht möglich und auch nicht beabsichtigt. Die ersten erfassten Trends und die während des Studienablaufs gewonnenen Erfahrungen sind jedoch ausgesprochen wertvoll für die Planung weiterer, größerer Studien. Es zeichnet sich eine hervorragende Blutdruck senkende Wirkung der Peter Hess-Klangmassage ab, die möglicherweise die der bewährten Progressiven Muskelrelaxation bei weitem übertrifft. Mögliche Gründe für die Überlegenheit könnten in der intensiven Art der Zuwendung durch den Therapeuten liegen. Er „berührt“ im doppelten Wortsinn mit denKlangschalen den Probanden. Während bei der PMRder Patient in einem letztlich aufmerksamen, rationalen Bewusstseinszustand verhaftet bleibt – er hat jaschließlich die Anweisungen des Therapeuten aktiv zu befolgen – kann er die Klangmassage vertrauensvoll passiv erleben und achtsam geschehen lassen; erhört, fühlt, nimmt wahr. Der Therapeut übernimmt den aktiven Part und wird im Klanggeben selbst zum Klienten, der aktive Klangtherapie erfährt. Beide sind Teil des therapeutischen Prozesses im wörtlichenSinne der Resonanz. Die Arzt-Patienten-Beziehungspielt sich zwischen den beiden Polen der arzt- undpatientenzentrierten Medizin ab. Im Klang lösen sichdiese Polaritäten auf. Der Therapeut ist Teil des Resonanzgeschehens. Seine eigene Haltung bestimmt daherganz wesentlich die „gelingende Klangkommunikation“.Nach Peter Hess ist diese Haltung durch die Grundprinzipien Achtsamkeit, Wertschätzung, Ganzheitlichkeit, Lösungs- und Ressourcenorientierung unddialogisches Miteinander charakterisiert. Außerdemappelliert er an das „Weniger-ist-mehr-Prinzip“. Während uns Musikstücke, welchen Genres auch immer, durch ihre Komplexität von Struktur, Rhythmus,Melodie und Dynamik beindrucken können, gilt esbei der Klangmassage, in jeden einzelnen Klang tiefhinein zu spüren. Wie die Meditation und Achtsamkeitführt auch der Klang letztlich in die Stille. Ihr gilt es zu folgen.
Die Frage, inwieweit dem Obertonreichtum eine spezifische Trance induzierende Wirkung zukommt und obgar die physikalische Übertragung von Vibrationenund Schwingungen der Klangschalen auf extra- undintrazelluläre Flüssigkeiten therapeutisch wirksam ist, darf als ausgesprochen spannend gelten und sollte weiter untersucht werden. Für die Zukunft heiß es also, die nachhaltige Blutdruck senkende Wirkung der Peter Hess-Klangmassage in größeren Studien mit 100 und mehr Probanden statistisch signifikant nachzuweisen. So wird sie als komplementärmedizinische Behandlungsmethode in einem ganzheitlichen Behandlungskonzept wissenschaftliche Anerkennung finden und dazu beitragen, dass sich Medikamente reduzieren lassen oder sogar völlig unnötig werden. Entscheidend ist der Nachweis von Nachhaltigkeit und Selbstwirksamkeit. Hier erscheint es sehr vielversprechend, die von den Professoren Erler aus Regensburg entwickelte „Klang-PauseTM“ als gut strukturiertes und begleitetes tägliches Eigenübungsprogramm in das Hypertonie-Klangschalen-Studiensetting zu integrieren. Studien dieser Art bedeuten einen hohen Aufwand an Logistik, wissenschaftlichem Know-how und finanziellen Mitteln. Dazu bedarf es der Netzwerkbildung mit wissenschaftlichen universitären Einrichtungen, wie dies gegenwärtig in der Kooperation des Peter Hess Instituts mit der Steinbeis Hochschule-Berlin und dem Institut Dr. Luis Erler geschieht.
Quelle: © (Hrsg.) Europäischer Fachverband Klang-Massage-Therapie e.V.